Montag, 22. August 2016

HALBZEIT

von Etienne Gebel

Kaum zu glauben, aber das Karpfenjahr 2016 ist mehr als halb vorbei! Noch kann ich mich nicht wirklich damit abfinden, dass es wahrscheinlich mein persönlich schlechtestes Angeljahr werden wird. Zwar steht noch eine Herbstsaison bevor, aber die war in den vergangenen Jahren auch nicht mehr was sie mal war.
Wieder sitze ich alleine im Zelt am See und grübele, ob es richtig ist, bei solchen Bedingungen am Wasser zu sein. Es ist bereits dämmerig draußen und obwohl es schwül heiß ist, musste ich notgedrungen ins Zelt flüchten. Mindestens 15 Mückenstiche habe ich draußen in kürzester Zeit abbekommen. Die Mückenpopulation bei uns am Niederrhein ist dieses Jahr gigantisch.
Die Blutsauger haben – im Gegensatz zu mir – scheinbar eine Topsaison 2016! Im Freien ist es wirklich kaum auszuhalten.


Typisch Sommer 2016: immer wieder Regenschauer gepaart mit sonnigen Abschnitten
Ich schaue aufs Handy. Der Wetterdienst meldet eine tropische Nacht mit schwülen 20-22 Grad und Regenschauern. Ich hoffe ich muss nicht raus, denn draußen wartet das Übel mit Flügeln.
Eigentlich hasse ich das Angeln im Sommer. Da ich aber bislang ein schlechtes Fangjahr hatte, kann ich mich nicht zügeln. Ich muss raus ans Wasser. Obwohl ich nur mit T-Shirt und Boxer Shorts bekleidet auf dem Schlafsack liege, schwitze ich. Ich könnte mich selber hassen, weil ich angeln gegangen bin.
Sei´s drum – meine Rigs liegen jedenfalls perfekt. Wenn da ein Fisch vorbei kommt, wird es hoffentlich piepen.


Das Wasser steht an einigen meiner Gewässer immer noch bis auf die Wiesen
Meine bisherigen Misserfolge schiebe ich aufs Wetter, bzw. dem hohen Wasserstand, meiner eigenen Inflexibilität und den starken Angeldruck an den von mir befischten Gewässern. Durch viel zu viel Regen und den selbst jetzt immer noch ungewöhnlich hohen Wasserstand ziehen die Fische an einigen meiner Gewässer in komplett neue Bereiche und stehen teilweise zwischen den gefluteten Bäumen und Sträuchern. Dort kann ich sie nicht beangeln.
Der schärfste Haken und das beste Rig hilft nichts, wenn die Fische streiken

Wie an einem meiner Lieblingsgewässer, ein großes altes Baggerloch am Rhein. Dort kann ich dieses Jahr nicht wie geplant angeln, denn alle interessanten Bereiche stehen meterhoch unter Wasser. Ein Boot ist dort verboten und die wenigen Angelplatz sind selbst unter der Woche ständig besetzt.
Also weiche ich seit Wochen schon auf andere Gewässer auf. Das Problem habe nicht nur ich, sondern viele andere Angler aus meiner Region. Deshalb konzentrieren sich die Angler auf weniger befischbare Gewässer, der Angeldruck steigt somit weiter an.


Autan Anti Mücken Spray – mein ständiger Begleiter in diesem Sommer
Es ist etwa 1:30 Uhr Nachts, als ich das letzte Mal auf mein Handy schaue. Es ist immer noch stickig und warm im Zelt, obwohl alle Mückengitter offen sind. Die riesigen Mückenschwärme sind vor den Gittern mit einem deutlichen Summen zu hören. Es müssen Tausende sein, die in den nahen Sträuchern auf ihre Blutmalzeit warten.


Hoher Angeldruck und viel Futter im Wasser – darum verwende ich wenig Futter und grelle Hakenköder
Nach einem intensiven Arbeitstag und dem anschließenden Kraftakt, mein Tackle ans Wasser zu bekommen und aufzubauen, falle ich trotz der Mückenplage in den Tiefschlaf. Gegen Morgen in der Dämmerung werde ich wach. Es regnet wie aus Eimern. Trotzdem ist die Luft immer noch schwül, es fällt mir schwer zu atmen. Die Nacht über ist nichts passiert, von Karpfen keine Spur. Außer dass ich mehrfach durch ein Stechen und Summen übler Moskitos wach geworden bin. Mit den kleinen Arschgeigen habe ich mir in meiner kleinen Behausung ein regelrechtes Gefecht geliefert. Zwar habe ich am Ende gewonnen, dafür bin ich ein paar Mückenstiche reicher.


Wieder kommt das Wasser wie aus Kübeln vom Himmel
Ich setze mir gerade eine wohlverdiente Tasse starken Kaffee auf: Zack, ein Schlag in der Rutenspitze, die sich kurz darauf nach vorne neigt.
Karpfen!
In der Hektik trete ich den heißen Wasserkessel vom Kocher und verbrühe mich auf dem Weg zur Rute an der Hand.
Fürs Jammern bleibt keine Zeit, denn mein Kontrahent liefert mir einen feinen Drill. Selten war ich so nervös. Bedingt durch das schlechte Jahr und einigen Fischverlusten ist mein Selbstvertrauen stark angekratzt. Wenn man sogar an seinem 100-Prozent-Vertrauensrig zweifelt, ist es weit gekommen.
Jeder Fisch bringt ein Stück Selbstvertrauen zurück

Der gut genährte Spiegler bringt mir jedoch ein Stückchen meines Vertrauens zurück.
Das ist mir die mehr als 25 Mückenstiche plus eine verbrühte Hand wert.

Montag, 1. August 2016

Karpfen-Abenteuer in Süd-Frankreich


Radical-Teamangler Robin Illner kommt gerade von einer spannenden Expedition aus Südfrankreich zurück. Zusammen mit Freunden war er für fast drei Wochen im Süden des Landes unterwegs. Was er dort erlebte, ist atemberaubend. Illner startete seine Tour mit der außergewöhnlichen Idee, mehrere Tage einen kleinen Fluss mit dem Kanu herunterzufahren, um Karpfen zu suchen und zu fangen.

Robin Illner mit einem kräftigen Fluss-Kämpfer

Einmal in den 30 km langen Kanyon hinein gefahren, gibt es kein zurück. Bis zu 300 Meter hohe Schluchtwände säumen den Fluss. Robin musste die gesamte Schlucht durchfahren oder für immer dort bleiben. Über den Köpfen der Karpfenkanuten kreisten majestätische Geier. Höhlensysteme und kalte Quellen zogen am Ufer entlang. Am Tage wurde gerudert, am Nachmittag und Abend geangelt und starke Flusskarpfen gefangen. Die Ausrüstung war minimalistisch, wie bereits bei seinem Gran Canaria Abenteuer im vergangenen Jahr. Auf die Kanus passen nur Ruten, etwas Futter und ein Kescher. Geschlafen wurde in Hängematten in der nackten Felswand oder auf dem Boden im Flusssand.
Diese Abenteuertour war erst der Anfang der großen Reise, zog es das Team doch noch weiter gen Süden. Der berühmte Lac de Salagou, eines der mystischen Gewässer der europäischen Karpfenscene war das Etappenziel. Rote, durch Eisen gefärbter Sandstein lässt den See am Abend bei niedrigem Sonnenstand in einem kräftigen Rot erstrahlen. Die ersten Tage wehte ein kräftiger Wind, so dass die Boote beim Platzwechsel mit Wasser vollliefen. Alle Herausforderungen wurden gemeistert und die Fische nahmen die Futterplätze an.


Das nächste Etappenziel: der Lac de Salagou

Während viele andere Angler im Sommer oft die erfolgreichen, tieferen Bereiche des Sees auswählten, setzt das Team auf die flacheren Buchten. Diese Entscheidung war goldrichtig. Tiefe Bereiche des Sees schienen wie leergefegt und die flachen, teils stark mit Krebsen besiedelten Areale, waren die Holding Areas der Karpfen. Getrocknete, knallharte Bloody Chicken und Yellow Zombie Boilies brachten Fische bis über 21 kg an den Haken. „Das Erlebnis einer vielseitigen Flora und Fauna, war auf dieser Tour gigantisch: Schlangen im Wasser, Skorpione und Kakteen am Ufer und eine atemberaubende Landschaften machten dieses Abenteuer einzigartig! Dazu ein gelungener Abschluss mit guten Karpfen an jedem Gewässer, das wir beangelten“, berichtet Robin Illner.