Montag, 30. November 2015

Des einen Freud – des anderen Leid


von Sascha Legenbauer

Vieles könnte so einfach sein. Man fährt mit guten Freunden ans Wasser, oder wenn man alleine fährt, sind die Freunde zumindest per WhatsApp oder Facebook mitten im Geschehen.
Gehört mittlerweile einfach dazu, oder?
Wir wollen die „guten Freunde“ auf dem neusten Stand halten.
Leider gibt es bei den sozialen Medien einen bitteren Beigeschmack. Durch die ständige mediale Präsenz und die ständige Präsentation irgendwelcher Fang- und Naturaufnahmen machen wir uns selbst zum gläsernen Menschen. Und das für eine breite Öffentlichkeit. Häufig merken wir es nicht einmal. Aber (fast) jeder weiß, wo man gerade ist, was man gerade macht, oder was man gerade gefangen hat. Und das hat nicht nur Vorteile. Nicht selten gibt es Anfeindungen.
Deshalb gibt es immer mehr Angler, die nichts mehr im Netz präsentieren oder sogar am Wasser die Flucht ins Zelt antreten, wenn man sich ihrem Angelplatz nähert. Bloß nicht zu viel verraten.

Das ist es, was wir alle wollen: Fische fangen!

Ich finde diese Entwicklung erschreckend. Niemand scheint dem anderen noch etwas zu gönnen. Selbst „gute Freunde“ scheinen da mitunter keine Ausnahme zu sein. Das musste ich leider in jüngster Vergangenheit selbst erfahren.
Ich konnte kaum glauben, was ich da vor einem gemeinsamen Angeltrip mit einem jahrelang als guten Freund bezeichneten Angler zu hören bekam: “Sascha, wir haben den Platz zwar zusammen vorbereitet, haben Zeit und Geld investiert, dennoch gönne ich nur mir den Fisch. Und wenn Du auch fangen solltest, muss Dein Fisch zumindest kleiner sein!“
Meint der das ernst? Er meinte es ernst.
Jedenfalls gehen wir seit diesem Angeltrip getrennte Wege.
Wie konnte es soweit kommen?
Gibt es wirklich nur noch höher, schneller, weiter?
Ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksicht auf jahrelange Freundschaften?


Ein gemeinsames Hobby sollte uns vereinen - nicht weiter voneinander entfernen

Ich kann mich mit meinen mittlerweile 15 Jahren Angelerfahrung noch gut an die Zeit erinnern, bevor WhatsApp, Facebook und Co Einzug gehalten haben. Ein eine Zeit in der man vergleichsweise friedlich am Wasser sitzen konnte. Mit den Angelkollegen konnte man sich über Erfolg oder Misserfolg unterhalten, ohne Angst vor Hohn und Spott der ganzen Internetgemeinde.
Wo ich gleich zum nächsten Punkt komme, dar mir in den sozialen Medien wie Facebook bitter aufstößt: Die regelrechte Hetze, die teilweise betrieben wird, was die Fischgewichte angeht.
Die eine Seite versucht durch gezieltes Fingerverstecken und Fischvorhalten aus einem 20-Pfünder ein „Fuffi“ zu machen, während die andere Seite jedes Bild, bei dem ein Gewicht drunter steht, anzweifelt und zerreißt.
Muss das wirklich so sein? Wir alle Leben und Lieben das gleiche Hobby. Warum werden manche Dinge nicht einfach akzeptiert? Es würde so vieles einfacher machen.
Etwas mehr Akzeptanz und gegenseitiger Respekt und alles findet ein gutes Ende. Jeder kann sich darauf konzentrieren, was wir alle wollen: Fische fangen!
Ich fische zurzeit an einem Teilstück eines Flusses. Dieses Teilstück hat nicht viele Möglichkeiten ans Ufer zu kommen, die „guten Plätze“ sind dementsprechend rar. Dennoch haben wir es an diesem schönen Fleckchen Erde geschafft, uns ein Netzwerk aufzubauen, was auf gegenseitiger Akzeptanz und Respekt füreinander beruht.

Der Respekt vor dem Fisch sollte mit dem Respekt voreinander einher gehen 

Hier nutzen wir das „ach so böse“ WhatsApp und Facebook, um uns auszutauschen, wer wo füttert, oder wer gerade wo sitzt. Und das ist auch gut so. Weil es funktioniert.
Hier gibt es keine „Stellengeier“ oder „ins-gemachte-Nest-Setzer“ - hier gibt es „gemeinsam statt einsam.“
Und ich wette, das würde auch an sehr vielen anderen Gewässer funktionieren.
Wir propagieren gerne den respektvollen Umgang mit dem Fisch – warum gehen wir mit unseren Nächsten nicht genauso respektvoll um?
In den sozialen Medien würde es mit Sicherheit weniger Frust und Aggressionen geben.

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