Donnerstag, 30. Juni 2016

Von ganz unten nach ganz oben

Drei Tage Angelzeit standen meinem Bruder Philipp und mir zur Verfügung. Unser Plan war, die Karpfen beim Herausziehen aus ihren flachen Laichgebieten abzufangen.
In diesem Frühjahr war es uns jedoch unmöglich, genau zu bestimmen, wann das Liebesspiel stattgefunden hat. Regelmäßig waren wir vor Ort in Frankreich. Wir fingen über Wochen sehr gleichmäßig, beobachteten die üblichen Laichgebiete, aber stellten bei keinem einzigen Fang irgendwelche Laichspuren fest. Wir waren zwar zufrieden, aber spürten doch genau, dass irgendwas nicht so tickt wie in den Jahren zuvor.
So handelten wir bei der darauf folgenden Session routiniert. Das erste Mal in dieser Angelsaison setzten wir größere Futtermengen an proteinhaltigen Boilies ein und verteilten unsere Ruten über eine größere Wasserfläche in unterschiedlichen Wassertiefen.
Ein großer Fehler, wie sich schon nach einem Tag zeigte: Wir erwarteten viel, aber es passierte nichts!
 


Auch ein selbst erarbeitetes Konzept stumpf zu kopieren, ist selten von Erfolg gekrönt. Flexibilität und die Fähigkeit, sich schnell auf aktuelle Gegebenheiten einzustellen – das kann über Sieg oder Niederlage entscheiden.
So packten wir unsere Ausrüstung wieder zusammen, verwarfen unseren ursprünglichen Plan und schauten uns weitere Gewässer in der nordfranzösischen Mosel-Region an, bis wir das Gefühl hatten, dass sich ein Versuch lohnen könnte bei unserem noch vorhandenen Zeitfenster.
Danach richteten wir nun auch unser Angeln aus. Geringer Futtereinsatz mit visuell stark auffälligen Boilies, sowie kurze Angeldistanzen zu den bewachsenen Gewässerbereichen, um schnelle Anbisse zu bekommen, um die verfügbare Restzeit optimal ausnutzen zu können.




Der Crazy Clinic Boilie von Radical ist weiß ummantelt, verfügt über einen roten Fruchtkern mit schnell arbeitenden Minipellets und lockt durch sein einzigartiges Flavour. Er ist damit perfekt geeignet für dieses Angeln und brachte uns seit seiner Markteinführung immer gute Erfolge.
Unsere Montagen hielten wir einfach aber robust, dickdrähtige Haken aus bestem Stahl an 30lb Power Combi Link Vorfachmaterial, Safety Clips, die das Blei im Fall eines Abrisses freigeben und drei Meter vorgeschaltete 0,60mm Mono Schlagschnüre.
Damit ist man gerüstet, um die Karpfen selbst aus einem Unterwasserdschungel, ihren grundsätzlich bevorzugten Aufenthaltsorten, sicher in ein Keschernetz zu führen. Als Hakenköder verwenden wir gerne eine Kombination aus sinkendem 20mm Boilie und auftreibendem 16mm Pop-up, der sogenannten Snowman-Präsentation.


Am Morgen des 13.06.2016 hörte ich einige kurze Signaltöne meines Bissanzeigers. Mit einem Blick realisierte ich: Der Swinger war straff unter dem Blank meiner Old School Traditional und die Rutenspitze zeigte gekrümmt zu meinem Angelplatz. Schnur zog der Fisch jedoch nicht von der Rolle. Ein typisches Anzeichen für einen Karpfen, der ins nahe gelegene Kraut geschwommen ist und sich dort festgesetzt hat.
Mit einem kleinen Schlauchboot ruderte ich dem Fisch entgegen und spulte ohne Druck auszuüben die Schnur auf meine Radical Teaser Rolle. An der kurzen Schlagschnur angekommen legte ich die Rute beiseite und zog mit der Schnur in der Hand und gefühlvollem Druck den Karpfen aus dem Krautfeld. Dieser realisierte vermutlich erst dann, was ihm geschah und schwamm zu meinem Vorteil dann ins Freiwasser. Ich nahm meine Rute wieder auf und konnte nach langem Drill einen echten Ausnahmekarpfen keschern.

Was für eine Bombe: 31,2 Kilogramm!

Am Ufer bestätigte genaues Wiegen seine unglaublichen Ausmaße. Ich hatte einen Spiegelkarpfen von deutlich über der magischen 60-Pfund-Marke gefangen. Auf einmal machten 31,2 Kilogramm meine Kurzsession gegensätzlicher, wie sie nur sein konnte: Von ganz unten nach ganz oben in wenigen Stunden. So ist Karpfenangeln.

Patrick Haas

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen